![]() ![]() Arnes Nachlass GegenständeMelancholisch und eigenartig zeitenthoben erzählt Siegfried Lenz diese Geschichte, die auf einer Abwrackwerft im Hamburger Hafen spielt. Hier enden nicht nur Schiffe: Als die Erzählung beginnt, ist sie für den jugendlichen Titelhelden schon vorbei. Der früh verwaiste Arne ist seiner Familie in den Tod gefolgt. Beim Sortieren seines Nachlasses setzt der Erzähler das Mosaik seines unglücklichen Lebens noch einmal zusammen. Aus einer Fülle alltäglicher Details entsteht das Porträt eines Jungen, den alle Zuwendung nicht aus seiner Einsamkeit zu erlösen vermochte.Sie beauftragten mich, Arnes Nachlaß einzupacken. Einen ganzen Monat ließen sie verstreichen - einen Monat der Ratlosigkeit und der verzweifelten Hoffnung -, bis sie mich an einem Abend fragten, ob es nicht doch an der Zeit sei, seinen Nachlaß einzusammeln und zu verstauen, und so, wie meine Eltern das fragten, mußte ich es als Auftrag verstehen. Ich versprach nichts; schweigend aß ich mein Abendbrot zu Ende, rauchte zum letzten Glas Bier eine Zigarette, dann stieg ich hinauf in mein Zimmer, das ich so lange mit Arne geteilt hatte, setzte mich auf seinen Hocker und brauchte eine Weile, ehe ich mich entschloß, sein ramponiertes Köfferchen vom benachbarten Boden zu holen und den Karton, den er damals mitbrachte. Ich hob den Deckel vom Karton, ich öffnete das Köfferchen, und während ich den Blick wandern ließ zu den offen daliegenden Sachen, die ihm gehörten, glaubte ich auf einmal, Arnes Anwesenheit zu spüren, und hatte das Gefühl, daß er mich, wie so manches Mal, dringend und fragend ansah. Vor mir lag seine finnische Grammatik - ich rührte sie nicht an; in Reichweite, als Heftbeschwerer, glänzte der von Schmutzfäden durchzogene kleine Messingbarren - ich nahm ihn nicht in die Hand; ich löste nicht die kolorierte Karte des Bottnischen Meerbusens von der Wand, die er in Augenhöhe angepinnt hatte, und ich scheute mich, das Brett mit den Schiffsknoten aufzunehmen und in den Karton zu legen. Ach Arne, an diesem Abend brachte ich es anfangs nicht fertig, deine Hinterlassenschaft einfach einzusammeln und still wegzuräumen und für unbestimmte Zeit in die ewige Dämmerung des Bodens zu verbannen. Zuviel kam da herauf und bot sich an, jedes Ding bezeugte etwas, gab etwas preis, wie von selbst stiftete es dazu an, Vergangenheit zum Reden zu bringen. Wir aßen Birnen. An jenem Wintertag hingen wir erwartungsvoll am Fenster und aßen südafrikanische Tafelbirnen, die einer von Vaters Leuten an einem der Fruchtschuppen ergattert hatte, drüben im Freihafen. Kauend blickten wir auf den abschüssigen, unter Schnee liegenden Werftplatz, über den ausgetretene Wege hinliefen - von den Werkstätten zum Kontor, von den Schuppen zu den beiden Kränen - schmutzige Wege, in denen Pfützen von Schmelzwasser schimmerten. ![]() ![]() Arnes Nachlass HörbuchVon Richard Niedermeier am Die Geschichte des Romans „Arnes Nachlaß“ von Siegfried Lenz ist schnell erzählt: Arne Hellmer, der. »Sie beauftragten mich, Arnes Nachlaß einzupacken.« Hans, der Ich-Erzähler, kommt nicht umhin, die kleinen und großen Schätze zu sichten, die Arne Hellmer, dieser außergewöhnliche Junge, mit dem er zwei Jahre lang ein Zimmer teilte, zurückließ. Wenn Überleben zur Schuld wird: In Thorsten Schmidts ARD-Film nach einem Roman von Siegfried Lenz übersteht ein Junge den erweiterten Selbstmord seines. 1.) - 2.) Arnes Nachlaß. Roman von Siegfried Lenz (1999, Hoffmann und Campe). Besprechung von Eva Tropper aus Der Standard, Wien, 26.2.2000: Der Junge mit der Aureole.
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Marzo 2019
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